SPD Schramberg spricht sich gegen Neuwahlen aus

Veröffentlicht am 14.12.2017 in Allgemein

Das verheerende Ergebnis der Bundestagswahl hat die SPD Schramberg zum Anlass genommen, über die Zukunft der eigenen Partei zu diskutieren. Beim politischen Samstagnachmittag im Stammhaus 1888 war man sich am Ende einig, dass Neuwahlen geschlossen abgelehnt werden.

Die Befürworter der Duldung einer Minderheitsregierung lagen knapp vor den Befürwortern einer großen Koalition. Herbert Zinell, Michael Porzelt, Matthias Krause und Phillip Fehrenbacher hatten die Veranstaltung inhaltlich vorbereitet und gaben Impulsreferate. Nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen stellte sich den Anwesenden aber auch die Frage nach der Wiederaufnahme einer großen Koalition.

Der Vorsitzende des Ortsvereins, Mirko Witkowski, freute sich, dass so viele Teilnehmer erschienen waren. Aus aktuellem Anlass stellten sich die Genossen gleich zu Beginn aber die Frage ob, und wenn ja, in welcher Form die SPD sich an einer Regierung beteiligen solle.

Für Herbert O. Zinell sind alle drei Möglichkeiten, die sich der SPD bieten, schlecht. Bei Neuwahlen würde man wahrscheinlich abgestraft. Bei Duldung einer Minderheitsregierung würde die SPD als reiner Mehrheitsbeschaffer wahrgenommen. In einer Großen Koalition könne man zwar mitregieren, ob das dann Erreichte vom Wähler der SPD zugeschrieben werde, stehe auf einem ganz anderen Blatt.

"Groko" der Untergang?

Ansgar Fehrenbacher, Mitglied im Lauterbacher Gemeinderat, sieht die Wiederauflage einer Großen Koalition kritisch. "Die SPD wird in einer großen Koalition untergehen", mahnte er. Günther Weist, Mitglied im Kreisvorstand der SPD, entgegnete dem, dass man noch nie die Chance gehabt habe, die Preise für eine Koalition so hoch zu treiben. Jetzt könnten sozialdemokratische Positionen in einer Regierung wirklich durchgesetzt werden.

Matthias Krause favorisierte eine von der SPD geduldete Minderheitsregierung. Er verspricht sich dadurch eine Stärkung des Parlamentarismus. Allerdings sei auch klar, dass eine Erneuerung der SPD so oder so stattfinden müsse, unabhängig vom Modell, auf das es nun hinauslaufe, ergänzte Krause. Herbert Zinell plädierte dafür, dass die Partei als linke Volkspartei zwar zwingend die Interessen der unteren Schichten der Gesellschaft im Augen haben müsse.

Den Menschen zuwenden

Andererseits habe sie aber immer dann bei Wahlen profitiert, wenn sie die berechtigte Kritik an offensichtlichen Missständen des Kapitalismus mit einer Modernisierungsperspektive verbunden habe. Michael Porzelt vertrat die These, dass die SPD nur dann eine Zukunft habe, wenn sie sich existenziellen Fragen der Menschen zuwende und darauf Antworten finde. Derzeit gehe es den Menschen gut wie nie, aber sie hätten Angst, das Gute zu verlieren. Nur eine SPD, die die Menschen in die Zukunft mitnehmen könne, habe selbst Chancen in der Zukunft. Tradition müsse sich mit Zukunftsorientierung verbinden.

Keine Partei kompetent?

In der Diskussion wurden vor allem Fragen der Ökologie, der Menschenrechte und der Digitalisierung angesprochen. Werner Klank gab resignierend zu erkennen, dass er derzeit keine Ansätze sehe, diese Fragen zu lösen. Weder in der SPD noch in anderen Parteien. Die Genossen waren sich einig darin, dass die SPD sich diesen Zukunftsfragen stärker zuwenden müsse, auch auf die Gefahr hin, nicht sofort gehört oder nicht gleich verstanden zu werden.

Matthias Krause referierte anschließend darüber, was sich organisatorisch in der SPD ändern müsse. Die SPD habe einen Altersdurchschnitt von über 60 Jahren. Die Partei müsse verjüngt werden, um zukunftsfähig zu werden. Das "Know-How" der Jüngeren müsse gesichert werden. Die Mitgliedschaft in der SPD müsse außerdem einen Mehrwert bieten. Die Partei solle mehr für die Mitglieder da sein, nicht umgekehrt. Funktionäre sollten systematisch weitergebildet werden. Es müsse auch gelingen, die Mitglieder stärker zu aktivieren. Um dies zu erreichen bedürfe es neuer orts- und zeitunabhängiger Formate. Eine wichtige Rolle spielten dabei die neuen Medien, vor allem soziale Netzwerke. Auch eine Urwahl von Ämtern per App sei vorstellbar. Die Online-Kommunikation könne aber natürlich nicht alles sein, fügte Krause hinzu. Auch "reale Treffen" blieben natürlich wichtig. Insgesamt müssten vor allem neue Netzwerke geschaffen werden, um mehr Menschen zu erreichen. Informationsveranstaltungen könnte man mit anderen Organisationen gemeinsam organisieren.

"SPD muss alles sein"

Philipp Fehrenbacher fasste die Ergebnisse des Mittags zusammen. Milieupartei, Zukunftspartei, Netzwerkpartei, die SPD müsse alles sein. Die SPD solle neue Themen besetzen wie die Industrie 4.0 oder Europa. Die großen wichtigen Projekte beträfen alle Menschen, Modernisierungsskeptiker müssten mitgenommen werden. Neue Wege in der Parteiorganisation sollten beschritten werden. Die SPD müsse präsent sein, nicht nur vor dem Wahlkampf. Das Ziel sei eine Partei mit dem Ohr direkt am Menschen. Eine SPD "mit rotem Herz und offenem Ohr", wie Monika Rudolf am Schluss hinzufügte.

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