Bernd Engesser: Keine GroKo

Veröffentlicht am 04.12.2017 in Bundespolitik

Bernd Engesser ist erst vor kurzem in die SPD eingetreten und hat eine klare Meinung zur Rolle der SPD im Bundestag in den nächsten vier Jahren. Seine Gründe stellt er in diesem Beitrag zur Diskussion und freut sich auf Meinungen dazu.

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Warum keine GroKo?

Eine Koalitionsvereinbarung ist ein starres Korsett für 4 Jahre, in denen viel Unvorhergesehenes geschehen kann.

Die letzte vier Jahre zeigten deutlich:

Der kleinere Koalitionspartner hat es schwer, seine Position bei nicht vorab im Koalitionsvertrag geregelten Fragen durchzusetzen. Die Öffentlichkeit macht aber den kleineren Koalitionspartner mitverantwortlich für Entscheidungen der Regierung. Beispiel: die Flüchtlingsfrage.

Im besten Fall kann der kleinere Koalitionspartner eine Entscheidung des größeren neutralisieren. In der Europapolitik führte dies zu einer Vielzahl von Enthaltungen Deutschlands im Rat der Europäischen Union. Einer der Gründe, weshalb es keine Fortschritte in der EU gegeben hat.

Ein Koalitionsvertrag zwingt die Koalitionspartner zu einer einheitlichen Außendarstellung. Auch bei Entscheidungen, die ihrer politischen Überzeugung nicht entsprechen. Ein Beispiel hierfür ist die Autobahnmaut.

Eine GroKo verwischt damit die Unterscheidbarkeit der Parteien. „Die sind doch alle gleich“ ist dann die öffentliche Reaktion. Die dann nach „Alternativen“ sucht.

Darum ist eine tolerierte Minderheitsregierung besser!

Hier können bei wichtigen Punkten Vereinbarungen der zukünftigen Regierung mit der SPD getroffen werden, bei denen Überschneidungen vorhanden sind

Beispielsweise Vereinbarungen bei der Europapolitik, beim Ausbau der Infrastruktur, bei der Bildung, beim Einstieg in eine Steuerreform usw.

Im Gegenzug toleriert die SPD eine Minderheitenregierung.

Bei Fragen, in denen es keine Übereinstimmung zwischen Regierung und SPD gibt, muss die Regierung andere Mehrheiten suchen. Beispiel Autobahnmaut: die SPD hätte dagegen gestimmt, falls Dobrindt bei anderen Parteien keine Unterstützer gefunden hätte, wäre die Maut eben nicht eingeführt worden. Und die Bürger hätten Unterschiede zwischen den Parteien erkannt.

Was viele vergessen: Parlament und Regierung haben unterschiedliche Aufgaben. In Deutschland wird das Parlament oft nur noch als Wurmfortsatz der Regierung wahrgenommen. Der Eindruck: alle Entscheidungen werden im Kanzleramt getroffen.

Die Regierung ist aber nur die Exekutive, sie führt aus, was das Parlament beschließt. Die Entscheidung über Gesetze fällt im Parlament, nicht im Bundeskanzleramt. Das Parlament kann Gesetze gegen den Willen der Regierung beschließen. Dann muss die Regierung diese umsetzen – oder zurücktreten.

Die Regierung ist trotzdem arbeitsfähig. Nur in wenige Fällen mit einem „Parlamentsvorbehalt“ (beispielsweise Auslandseinsätze der Bundeswehr) darf sie nicht ohne das Parlament „verwalten“.

Es bestehen Unterschiede zwischen der SPD und der CDU/CSU. Das Gemeinsame ist in der letzten GroKo abgearbeitet worden. Übrig blieben fast nur die unvereinbaren Punkte. Es fehlt also eine inhaltliche Grundlage für die Fortführung der GroKo.

Unter anderem deshalb ist die letzte GroKo abgewählt worden.

Der Verweis auf das Scheitern der Weimarer Republik ist unangebracht: wir haben ein völlig anderes politisches System. Eine Parlamentsentmachtung mit Notstandsregierungen ist unmöglich. Wir haben auch ein anderes Sozial-und Wirtschaftssystem.

Minderheitsregierungen können stabile Regierungen sein, wenn nur wenige Abgeordnetenstimmen zur Mehrheit im Parlament fehlen.

Deshalb bin ich für eine SPD-tolerierte CDU/CSU/Grüne-Regierung.

Bernd Engesser

 

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